"E-Fuels, ein Produkt deutscher Narrenfreiheit!"
"Warum wir mal wieder mit Voll-Gas unsere Zukunft aufs Spiel setzen."

Mal wieder wird heute ein Narrativ bemüht, welches von fossilem Energieverbrennungs-Blablabla geprägt ist. Die angeblich wichtige Technologieoffenheit zur Integration von E-Fuels für Autos und Gebäude der nächsten Generation sollen angeblich Kosten für die Bürger*Innen sparen. Dies entpuppt sich schnell als Schimäre. Denn E-Fuels sind weder kosten- noch energieeffizient, vergleicht man sie mit strombasierten Systemen. Die politische Diskussion ist kein Ringen um die beste Lösung, sondern dient nur dazu, die Energiewende weiter auszubremsen und wirklich durchdachte Ansätze zur Transformation zu stoppen. Unten ein qualifizierter Sachstandsbericht zur Narrenfreiheit in der deutschen Ingenieurspolitik!

In den hitzigen, politischen Diskussionen um Gebäudeenergie und der Mobilitätswende von heute wird deutlich, dass der gesellschaftliche Kulturkampf durch Aktionen der Letzten Generation [hier] auch in der Politik längst angekommen ist. Spielten tatsächlich wie behauptet technische und ökonomische Bedenken für und wider der ein oder anderen Technologie eine entscheidende Rolle, dann hätten wir längst eine klare, politische Antwort. Denn die Zahlen zur Effizienz, Kosten, Verfügbarkeit und CO2 Einsparung sind eindeutig: E-Fuels werden in Gebäuden und Autos zukünftig keine große Rolle spielen! Dazu unten mehr...
Auch haben wir für die Produktion und die Infrastruktur weder das Kapital noch die Zeit, neben einer umfassenden, direkten Verstromung auch die Wertschöpfungsketten auf Ersatzkraftstoffe schnell und verantwortungsvoll umzustellen. Jetzt einen Fokus auf das eine zu richten ist das einzige, was ausreichend Mobilisierungskraft erzeugen kann. Je deutlicher jedoch die Klimaschutz-Ziele verfehlt und der Handlungsdruck steigt, desto mehr wird klar, dass es hierbei nicht um Verantwortungsbewusstsein geht, sondern um den Erhalt eines pervertierten, egoistischen Freiheitsideals, das jedes Augenmass verloren hat. Stattdessen gleitet man immer weiter ab in die Sphären von Klimawandel-Leugnern und Querdenkermentalität.

Um die Probleme zur Überwindung von effektiven Klimaschutzmaßnahmen zu lösen fehlt das Verständnis, dass es hier eben nicht darum geht, Partikularinteressen der eigenen Wählerschaft zu verteidigen. Klimaschutz ist keine Ideologie der man sich verweigern kann, sondern überlebenswichtig und politisch nicht verhandelbar! An dieser Erkenntnis orientiert, sollte es eigentlich längst einen überparteilichen Konsens aller Regierungs- und Oppositionsparteien geben, die Gesellschaft und Wirtschaft endlich klimafit zu machen. Stattdessen schwächt man [hier] immer weiter Klimaschutzgesetze ab, weil sie - gemessen am eigenen Ego - zu unrealistisch erscheinen. Die Ökonomin und Energie-Expertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Claudia Kemfert bezeichnete Olaf Scholz [hier] soeben folgerichtig als Klimakatastrophen-Kanzler.
Die SPD hat offensichtlich nicht verstanden, dass die Folgen des Klimawandels DAS zentrale Element für den sozialen Frieden des 21. Jhd. sind. Deshalb müssten Klima-Schutzmaßnahmen dringend aktiv und mitfühlsam gestaltet werden. Die Verteilung der hohen Kosten bzw. Lasten zum Umbau des Landes müssten dazu weit mehr auf Seiten der wohlhabenden Bevölkerung umgeschichtet werden.
Gleichzeitig zündet die FDP immer mehr Nebelkerzen, durch die die bittere Realität der Klimaerhitzung irgendwie ausgeblendet und der Irr-Sinn des fossilen Energieregimes so am Leben gehalten wird. Es entsteht so eine pseudo-liberale Technik-Debatte, in der sinnvolle Errungenschaften der Energiewende durch die Narrenfreiheit einiger weniger zerstört werden. Das klingt alles sehr ärgerlich vertraut, nachdem Philipp Röseler [hier] schon 2013 als FDP Wirtschaftsminister maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die zuvor boomende PV Branche in Deutschland zusammenbrach und 70.000 Arbeitsplätze so verloren gingen. Damals wie heute bekämpfte man das Aufkommen der Erneuerbaren Energien wo es eben nur geht.
Das smarte Stromnetz als Kernstück der Energiewende
Es ist falsch davon zu sprechen, dass die Bundesregierung vor hat, Gasheizungen zu verbieten. Seit Jahren beraten und planen wir so genannte Hybridheizungen die schon lange öffentlich gefördert werden und tasächlich auch noch Sinn machen. 85% der Wärme wird über Wärmepumpen erzeugt. Zusätzlich zur Deckung von Lastspitzen bei sehr kalten Tagen wird ein zusätzlicher Kessel mit fossilen Energien (z.B. Erdgas) zugeschaltet. Diese Systeme sind also trotz Erdgas-Einkopplung keinesfalls verboten. Vielmehr ist gerade in 2023 ein sehr gutes Förderprogramm [hier] vom BMWK gestartet worden, durch das solche Systeme bis zu 50% der Investitions- und 40% der Planungskosten gefördert werden. Erst letzten Monat durften wir ein Atum-Projekt mit hybrider Heizung bei einem Symposium des BMWK zum globalen Mittelstand [hier] vor einer Delegation aus Taiwan vorstellen.

Mit diesem Heizungshybrid werden heute schon knapp 60% der Treibhausgase gegenüber einer Heizung mit fossilen Brennstoffen eingespart. Später, wenn das Gebäude gedämmt und neue Fenster verbaut worden sind, kann die fossile Zusatzheizung dann komplett abgebaut werden und eine CO2 Neutralität (bei entsprechendem Ökostromausbau in Deutschland) durch reinen Wärmepumpenbetrieb gewährleistet werden. Denn die Leistung der Wärmepumpe ist heute in der Planung schon auf den Wärmebedarf des später gedämmten Gebäudes abgestimmt.
Dieser vollständige Rückbau der (Erd-)Gaskomponente in der Zukunft ist nicht nur aus Gründen der gesetzlich verbindlich geltenden CO2 Neutralität bzw. Dekarbonisierung notwendig, sondern auch energiepolitisch absehbar. Denn es ist heute schon klar, dass Grüner Wasserstoff in Gebäuden und E-Fuels für Autos nicht zur Verfügung stehen wird. Ausschließlich im Luft- und Schiffahrtsverkehr und in einigen wenigen Industrieprozessen brauchen wir diesen dringend! Mehr wird in Deutschland schlicht und ergreifend nicht ökologisch vertretbar produziert werden können. Ich verzichte an dieser Stelle bewusst darauf, verschiedene andere Farben bzw. Arten der Wasserstoffproduktion über Atomkraft und Erdgas wegen massiver sicherheitstechnischer und ökoligischer Bedenken näher vorzustellen. Auch macht es klimaschutztechnisch keinen Sinn, Grünen Wasserstoff über die Weltmeere nach Deutschland zu schiffen.

Aber man sollte dieser Erkenntnis nicht lange nachtrauern. Denn es gilt die Prämisse, erneuerbaren Strom direkt und nicht über die Umwandlung zu einem sekundär-Energieträger wie Wasserstoff bzw. E-Fuels zu nutzen. Nur dort, wo es technisch nicht möglich ist erneuerbaren Strom direkt zu nutzen, sollte Brennstoffe zum Einsatz kommen. Das ist längst Konsens der in 2020 verabschiedeten, nationalen Wasserstoffstrategie [hier].
Betrachtet man die Grafik des UBA [hier] und oben unter Energie- und Kosteneffizienz wird schnell deutlich, dass die Energiegewinnung durch Verbrennung gegenüber der Verstromung immer nachteilig ist. In Gebäuden heißt das, dass Wärmepumpen selbst gegenüber hocheffizienten Brennwertkesseln mit dem Faktor 3,14 überlegen bzw. effizienter sind (Zeile 1 Grafik). Dies gilt auch dann, wenn synthetische Gase verbrannt werden! Ähnlich sieht es beim Auto aus. Hier wandelt das eAuto den Strom zu 80% in Bewegungsenergie um, während der Verbrennungsmotor nur eine Effizienz von 28% aufweist (Zeile 2 Grafik). Auch hier ändern E-Fuels nichts an der niedrigen Effizienz. Zudem kann bei der Erzeugung von E-Fuels (PtL in Grafik) bei Einsatz von 1 Teil regenerativen Stroms nur rund 0,5 kWh fossiler Kraftstoffe ersetzt werden (Letzte Zeile Grafik). Dies verschlechtert die Gesamtbilanz der E-Fuels noch zusätzlich.

Die Elektrifizierung von Gesellschaft und Wirtschaft ist das Kernstück der Energiewende. Alle Sektoren (Gebäude, Verkehr, Gewerbe / Industrie, Wärme) werden hier mit nachhaltig erzeugtem Ökostrom zukünftig versorgt. Man spricht hier auch von Sektorenkopplung. Der Vorteil von dieser all umfassenden Elektrifizierung ist, dass die Sektoren auch untereinander gekoppelt werden können. Die Digitalisierung spielt hier eine wichtige Rolle.
Im Gebäudebereich heißt das, dass die PV Anlage auf dem eigenen Dach nicht nur Wärmepumpe im Keller und den Hausstrom erzeugen kann. Auch die eMobile (Auto, (Lasten-) Fahrrad und Scooter) können so zumindest in Teilen mit eigenem Ökostrom erzeugt werden. Synergieeffekte werden so nutzbar, indem z.B. der Autoakku auch gleichzeitig für das Gebäude genutzt wird, wenn das Auto nach Feierabend an das Gebäude-Stromnetz angeschlossen wird. Ein Extraakku fürs Haus ist dann nicht notwendig. Geladen wird das Auto am nächsten Tag wieder mit der PV Anlage auf dem Dach oder an der Ladesäule auf Arbeit. Auch die Wärmepumpe nutzt den PV Strom zuhause. Bio- oder Wasserstoffheizungen bzw. Motoren bringen hier keinen Mehrwert für das vernetzte Energienetz ein.

Ein ebenso wichtiger Faktor der technischen Überlegenheit ist die Intelligenz des Stromnetzes (Smart Grid), in dem alle Strom-Produzenten bzw. Quellen (z.B. Wind- und Sonnenkraftanlagen, etc.) und Konsumenten bzw. Senken (Wärmepumpen, Klimaanlagen, eFahrzeuge, etc.) miteinander vernetzt werden. Auf diese Weise kann z.B. überschüssiger Strom von Wind- und Solarkraft direkt und mit geringen Umwandlungsverlusten in Gebäude-Wärmepumpen geleitet werden. Durch die Wärmespeicherfähigkeit der Wände und Warmwasserspeicher von Gebäuden kann die Wärme über Wärmepumpen in den Speichern gesammelt und langsam wieder an den Raum abgegeben werden.
Elektroautos spielen eine ähnliche wichtige Rolle in diesem Smart Grid. Um Erzeugungsspitzen bei erneuerbaren Strom aus dem Netz zu nehmen, kann auch hier der Strom direkt in die Autobatterien geleitet werden. Anders herum gibt die Batterien Strom in das Netz ab, wenn Flaute herrscht. Das eAuto ist also dem Verbrenner nicht nur dadurch überlegen, dass die Antriebsenergie nicht über heiße Motoren und nach hinten verpufft, sondern weil es eine wichtige Funktion zur Stabilisierung des europäischen Stromnetzes übernimmt. Es ist fast schon überflüssig zu sagen, dass die Verteilung bzw. Transport von Strom über Stromkabel nur einen Bruchteil der Energie, Ressourcen und Verluste produziert, als es bei Wasserstoff der Fall ist. Letzterer wird mit Verlusten gekühlt, in Form von Amoniak in Frachtschiffen transportiert, wieder aufgetaut und über das Gasnetz im Land verteilt. Strom lässt sich zudem in jede Form der der Energie (Wärme (Kälte), Bewegung, Chemisch, Strahhlung) hin- und hertransformieren. Ein unschätzbar großer Vorteil zur Eergieverbrennung.
Für Fachleute wie mich ist das Gerede über die angeblich teuflischen Verbrenner Verbote zugunsten der populistisch aufgewerteten E-Fuels für grüne Gebäude-Heizungen und Auto-Motoren solche, die nur Narren führen. Weder von der Energie-Erzeugungsseite (Energieträger), noch von der Verteil- und Speicherungsseite bringt diese geschwindelte Technologieoffenheit irgendwelche Gewinne für das smarte Stromnetz der Zukunft. Dieses ist in allen Belangen überlegen. E-Fuels wird es zukünftig nicht im ausreichenden Maße geben.
Am Ende bin ich mir jedoch sicher, dass auch dieser Narrenfreiheit ein Riegel vorgeschoben wird. Der Markt wird das schon Regeln!
Es ist nur die Frage, ob wir dann noch genug Zeit haben den Klimawandel einzudämmen, wenn wir diese sinnlosen Hürden überwinden müssen?!
Hier bin ich sehr skeptisch...
Ihr
Benjamin Holtz
Kommentare
Kommentar von Dr. Sylke Holtz |
Danke für die einleuchtenden Erklärungen zu den umstrittenen E-Fuels. Ja, der Klimaschutzist keine Ideologie,sondern ein Begriff, der mit Leben - sprich: mit Taten, Erfindungen und Verfahrensweisen - erfüllt werden muss, weil dieser Begriff selbst eine absolute Notwendigkeit für das menschliche Weiterleben auf der Erde darstellt.
Es wäre tragisch, wenn der Klimaschutz zwischen den Parteien zerrieben würde. Genauso schlimm erscheint mir, dass das Parteien-Denken als Ausdruck von Egoismus den Singular-Egoismus auch noch stärkt!
Hoffen wir dass Vernunft einkehren werde!
Kommentar von Ralf Klabunde |
Die Doppelzüngigkeit der FDP zeigt sich überdeutlich, wenn man ein bisschen näher hinsieht: Während der Verlust der PV-Industrie einschließlich den 70.000 Arbeitsplätzen keine Rolle spielte, soll mit allen Mitteln verhindert werden, dass ein "Technologie-Wissensverlust" bei Verbrennungsmotoren entsteht. Völliger Blödsinn, denn im Sonder-Fahrzeug- und -gerätebereich wird die Technologie weiter gepflegt. Für Rettungsgeräte und Feuerwehrfahrzeuge, und nur dafür brauchen wir sie weiterhin.
Einen Kommentar schreiben